Kuelap und die Totenstadt - It feels like Indiana Jones
…für 5 Minuten.
Bereits öfters ist uns aufgefallen, dass man in Südamerika eher bereit ist, ist einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Oder auch das komplette Gegenteil davon…
Pueblo de Muertos war erfreulicherweise von der ersten Art.
Eher per Zufall haben wir erfahren, dass wir einen Schlüssel beim Rathaus abholen müssen, um die zahlreichen Toren und Türen auf unseren Weg öffnen zu können.
„Wenn ihr fertig seit, dann legt den Schlüssel in den Briefkasten". Ok…da hat wohl keiner Angst vor Grabräubern. Nicht ganz ohne Grund, wie wir kurz darauf selber herausgefunden haben.
Fast 20 km lang schlängelte sich der Weg auf Schotterstraßen durch mehrere Dörfer hindurch, bis wir an einem unscheinbaren Parkplatz mit einem kleinen Hinweisschild der Kulturbehörde ankamen. Bis auf eine kleine überdachte Feuerstelle, einem grandiosen Weitblick und das Pfeifen der Vögel in der Ferne, waren wir komplett alleine.
Der Weg zur Prä-Inka Totenstadt führt auf schmalen Pfaden an einer Felswand hinab. Ab und zu müssen wir eine Absperrung aufschließen So wissen wir zumindest, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wegmarkierungen sind Fehlanzeige, vermutlich verirren sich nicht allzu viele Touristen hierher.
Der Pfad wird zunehmend schmaler und nachdem wir den 3. Schlüssel aufgebraucht haben, rückt das Ziel näher. Kurz hinter dem Eingang versteift sich der Bewegungsablauf von Alex sichtbar und die Redseligkeit lässt nach…. Seitlich geht es gute 200 m in den Abgrund. Alex verzichtet auf weitere Expeditionen und wartet mit Elli am Eingang.
Pueblo de Muertos besteht aus kleinen Gebäuden, mehr oder weniger intakt, die sich auf einen schmalen „Seitenstreifen" an der Felswand entlang aufreihen. In der Ferne sind am gegenüberliegenden Felshang ein paar Graburnen zu erkennen. Der Weg dorthin erscheint mir ein Garant auf den sicheren Tod zu sein.
Es hat den Anschein, dass nur ein knapper Streifen von 1 m aus dem Fels gehauen wurde, der durch das Auflegen von Steinplatten auf ca. 3-4 m verbreitert wurde. Weitere Sicherungsvorrichtungen sind Fehlanzeige !
Das ganze Konstrukt macht auf mich einen ziemlich wackligen Eindruck. Prä-Inka könnte auch bedeuten, dass sich seit 1.000 Jahren keiner mehr Gedanken über die Statik gemacht hat.
Die ersten Gebäude sind bis auf die Grundmauern leer. Ein wenig Geröll liegt herum. Je schmaler und wackliger der Pfad wird, desto interessanter wird es. Hier und da liegen ein paar Knochen und Gebeine herum. Aber bei weitem nicht so gut erhalten wie in Nazca. Ein paar Feuerstellen für die nächtliche Mutprobe der jugendlichen finden sich auch. So langsam kommt ein Indiana Jones Gefühl auf, welches aber leider recht schnell vom Selbsterhaltungstrieb überlagert wurde.
An einer weiteren Engstelle gibt der Boden etwas nach. Die Breite des Weges ist an dieser Stelle ca. 50 cm zum nächsten Gebäude und ragt eindeutig in einem ungesunden Verhältnis über den Abhang hinaus. Hier gibt es keine stabile Unterfütterung mehr, sondern nur noch Luft….
Ein erster Stabilitätstest an der Gebäudewand ergibt, dass ich im Falle eines Falles vermutlich samt Gebäude den Abflug machen würde. Mir wird etwas mulmig und mein Forscherdrang lässt nach. In der Ferne kann ich Alex irgendetwas schreien hören. Vermutlich etwas wie „Komm zurück, Du stirbst sonst .. oder ähnliche Zuneigungsbekundungen…".
Mich wurmt es gewaltig, dass mein Hirn ebenfalls schon den Rückweg vorbereitet. Etwas weiter vorne ist das nächste, mit noch mehr Knochen gefüllte Gebäude, bereits in greifbarer Nähe. Unwillkürlich wagt man einen Blick in den Abgrund und schaut, ob da unten schon ein paar liegen. Der innere Kampf dauerte 2-3 Minuten bis die Vernunft siegte und der Selbsterhaltungsdrang zu groß wurde. Für mein Wohlbefinden gab es zu viel Bewegung in einer zu luftigen Höhe.
Nachts im Auto stelle ich mir noch vor, wie es denn wäre, hier direkt über der Totenstadt auf die Geister der Vergangenheit zu treffen. Aber das ist wohl nur etwas für Hollywood.
Bis zum nächsten Morgen wurde unser Schlaf jedenfalls nicht überirdisch gestört…
Kuelap:
Knapp 2 Tage hat uns der Weg zu einer, nach meiner Meinung nach, schönsten Ruinen in Peru gekostet. Falls man auf einem angenehmen Zeitpolster sitzt, sollte man diesen Abstecher unbedingt noch mitnehmen. Gerne in Verbindung mit einem Besuch im Huascaran Nationalpark.
Kuelap bildet einen starken Kontrast zu Machu Pichu. Während Machu Pichu für mich einen zu sterilen Eindruck hinterlassen hat, ist dies bei Kuelap vollkommen anders.
Hier durfte sich die Natur ihr Eigentum zurückerobern. Wild wuchern Bäume und Sträucher. Dazwischen eingebettet und durchaus sehenswert erhalten, befinden sich die Ruinen. Es erinnert ein wenig an einen Märchenwald aus fernen Zeiten. Wenn urplötzlich ein Troll um die Ecke biegen würde, niemanden würde es wundern.
Von außen erweckt es mit den hohen und imposanten Felswänden eher die Erinnerung an eine Festung, die zwischen 800 und 1.300 n. Chr. gebaut wurde. Es soll aber hauptsächlich ein religiöser Ort gewesen sein, der bis zu 2.000 Menschen beherbergen konnte.
Vermutlich weiß das aber keiner so genau. Religion hört sich immer gut an…
Leider ist der Ort nicht so bekannt. Das kann Segen und Fluch zugleich sein. Tourismus ist immer ein willkommener Arbeitgeber. Was aber andere als touristisch nicht ausgebaut bezeichnen, nenne ich angenehm urtümlich. Dieser Ort würde seinen speziellen Flair verlieren, wenn zu viele Touristen durchgeschleust werden.
Hoffentlich bleibt das noch eine lange Zeit so...
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