Evo Morales for Bolivia - Si o No ?

Evo Morales for Bolivia - Si o No ?

Evo Morales ist der erste indigene Präsident von Bolivien.
Bei einem überwiegend indigenen Anteil innerhalb der Bevölkerung erscheint dies auf den ersten Blick nur fair und rechtens.

Was von vielen übertrieben als die endgültige Befreiung von den letzten Resten der Kolonisierung gefeiert wird, verwandelt sich langsam in eine ernst zu nehmende Spaltung innerhalb der bolivianischen Gesellschaft.

Durch unsere Reise hatten wir unterschiedliche Kontakte zu Einheimischen. Manche von Ihnen waren Nachfahren der Spanier, manche waren Indigene. Jeder von Ihnen hatte eine andere Geschichte zu erzählen und wir haben aufmerksam zugehört und nachgefragt.

Der Bergwerker in Potosí hat eine andere Lebenswirklichkeit als die Lehrerin in Sucre, der Grundbesitzer in Santa Cruz oder der Coca Bauer in den Yungas. Keine sollte geringer erachtet werden als die Andere. Leider sind in Bolivien die Unterschiede zwischen Arm und wohlhabend sehr deutlich sichtbar. Auch die einzelnen Landesteile unterscheiden sich erkennbar.

Ebenfalls deutlich erkennbar und fast wie eine religiöse Ikone, strahlte uns Evo Morales in Übergröße von der Hauswand, dem Plakat oder sonstigen Kunstwerken entgegen.
Man könnte den Eindruck gewinnen, Evo ist überall, Evo macht alles und ohne Evo passiert in Bolivien gar nichts...

Ich bin absolut überzeugt, dass jeglicher staatlicher Personenkult nie etwas Gutes erschaffen hat oder erschaffen wird. Unserer Geschichte beweist das ziemlich deutlich. Wenn vernünftige Inhalte für die Politik fehlen, dann werden Blendeffekte in Großformat eingesetzt.

Mit extremen Widerwillen nahm ich daher überall diese blau-weiß-grüne "Evo Si" Politik-Reklame zur Kenntnis, wohl wissend das wir noch nichts über das politische System in Bolivien wissen.
Das werden wir aber nach und nach ändern....

Bis dahin werden wir die Meinungen und Einstellungen der Menschen, die wir getroffen haben, gepaart mit unseren Erfahrungen, wiedergeben. Auch wenn wir uns darüber bewusst sind, dass man sich meist eher mit gleichgesinnten unterhält und anderen Meinungen eher kritisch gegenübersteht. 

Auch stellte die Sprachbarriere ein großes Hindernis dar. Der einfache Landarbeiter spricht eher selten englisch, hätte aber bestimmt auch viel zu erzählen. Denn es gibt immer 2 Seiten derselben Medaille. Zumindest wenn man gewillt ist, andere Sichtweisen zu akzeptieren. 


Der ehemalige Minenarbeiter in Potosi: 

Für uns mag es befremdlich, wenn nicht sogar unmenschlich erscheinen, wenn Kinder in den Minen arbeiten müssen, um ihre Familien zu unterstützen. Hierzu muss man wissen, dass seit dem 17. Juli 2014 eine neue Richtlinie für Kinder und Jugendliche in Kraft getreten ist, welche Kinderarbeit ab 10 Jahren erlaubt, mit der Zustimmung der Eltern und unter der Bedingung, dass es der Entwicklung des Kindes nicht nachträglich ist. Bislang lag die Grenze bei 14 Jahren. 

Was wie ein Skandal klingt, ist für geschätzte 850.000 Kinder bereits längst Realität. Überall sieht man Kinder arbeiten, auf den Feldern, im Einkaufsladen, im Bus.
Auch wenn die Kinder im familiären Umfeld arbeiten, ist es immer noch Kinderarbeit! 

Wenn ihnen die Arbeit offiziell verboten wird, stärkt es die illegale Arbeit, wo sie in vielen Fällen ausgebeutet werden. Das Gesetz soll auf vernünftige Art und Weise regeln, wie Kinder einer Arbeit nachgehen. 

Aha.... 

Staatspräsident Evo Morales, der als Kind selbst arbeiten musste: in einer Bäckerei, bei der Herstellung von Bauziegeln und bei der Zuckerernte, ist der prominenteste Unterstützer. Und selbst die Gewerkschaft der Kinderarbeiter, die es tatsächlich in Bolivien gibt, ist Fürsprecher dieses Gesetzes. Sie erhofffen sich dadurch eine rechtliche Gleichstellung. 

Soso... 

Es ist schwer als Außenstehender, welcher nicht von Armut betroffen ist, darüber zu urteilen. Die Realität vieler Familien erfordert vermutlich jegliche Unterstützung die sie bekommen können. Auch wenn es die eigenen Kinder sind. 

Für mich erscheint es aber keine zukunftsweisende Politik zu sein, die schwierige Lage der Kinder auch noch rechtlich zu festigen. Auch wenn es nach der Arbeit vielleicht noch in die Schule geht, die Lernvoraussetzungen scheinen mir eher ungünstig zu sein. Ohne ausreichende Bildung und Berufsaussichten werden diese Kinder höchstwahrscheinlich den Kreislauf aus Armut an ihre Kinder weitergeben. 

Gerade ein Präsident, der diese Erfahrung selber als Kind erlebt hat, sollte als Staatsführer alles in seiner Macht stehende tun, um dieses Schicksal anderen Kindern zu ersparen. Anstatt Kinderarbeit zu erlauben, sollten die Lebensumstände dieser Familien verbessert werden. Eine Armutsbekämpfung, die mit der Zukunft der Kinder bezahlt wird, ist für mich der falsche Weg. 

Vielfach findet man an dieser Stelle sogleich Appelle wie folgt. 

  • Wer keine Kinderarbeit haben möchte, muss durch sein Konsumverhalten dazu beitragen, dass die Eltern genug verdienen. 
  • Keine billig T-Shirts kaufen, obwohl man sich faire Preise leisten könnte. 
  • Keine Rohstoffe verbrauchen, die von Kinder aus Minen gewonnen werden. 
  • Keine Unternehmen unterstützen, die nur auf der Suche nach dem billigsten Produktionsstandort sind. 

Das sind alles richtige Argumente, in der Realität ist es aber recht schwierig als Konsument zu hinterfragen, wo denn der Rohstoff herkommt, der im Fernseher aus Asien verbaut wurde... Gesetze gegen Kinderarbeit sind für mich greifbarer. 

Auch wir haben uns gefreut, wenn wir in Bolivien möglichst günstig einkaufen konnten.
Hätten wir mehr bezahlt, wo wäre es angekommen...


Die Lehrerin aus Sucre:

Trotz bessere Qualifikation hat sie ohne Parteizugehörigkeit keine Chance auf Beförderung, während um sie herum Stellen an Partei Mitglieder vergeben werden, unabhängig deren Fähigkeiten. 

Mehr und mehr werden Schlüsselposition in Verwaltung, Exekutive und Judikative mit Parteianhänger besetzt. Weg von einer fairen Auswahl nach dem Leistungsprinzip, hin zu Methoden der Machterhaltung. 

Für jeden Leistungswilligen mit einer nicht regierungskonformen Meinung eine frustrierenden Erfahrung. Er muss entgegen seiner Überzeugung mit dem System mitlaufen, um etwas erreichen oder im besten Fall etwas verändern zu können. 

Freiheit sieht anders aus. All das hatten wir bereits bei uns. 

Sucre hat in jeder Wahl mehrheitlich gegen Evo gestimmt...


Der Geschäftsmann und Grundbesitzer in Santa Cruz: 

In Santa Cruz gab es schon immer Bestrebungen, sich vom Rest des Landes abzulösen. Zu einem aufgrund der besonderen wirtschaftlichen Stärke der Region verbunden mit der Abneigung schwächere Regionen finanziell unterstützen zu müssen. Zum Anderen aufgrund der mittlerweile starken Konzentration von Industriellen, Grundbesitzern und Wohlhabenden, die vermutlich noch nie viel von der Idee gehalten haben, Abgaben an den Staat zu zahlen.

Die Unterkunft bei der wir einige Tage geblieben sind, wurde von einem Deutsch-Bolivianer geführt, der in den 70er Jahren in Deutschland arbeitete und danach den Grundbesitz von seinen Vater übernommen hat. Aus ehemals Farmland im Außenbezirk der Stadt hat er ein vorzeigbares Feriendomizil errichtet, mit viel Platz um Events und Hochzeiten auszurichten. 

Kurz nach der Wahl von Evo Morales als Präsident ist er nach Deutschland zurückgekehrt um abzuwarten, bis sich die Lage in Bolivien in seinen Augen stabilisierte. Nach vier Jahren ist er nach Bolivien zurückgekehrt und ist seither beschäftigt, sein Eigentum vor dem Zugriff des Staates zu sichern. 

Es gibt Bestrebungen in der Regierung Grundbesitz dem Staat zuzuführen unter der Begründung, dass er widerrechtlich erworben wurde. Das nennt sich Landreform, einer der Punkte in der Agenda der Regierung. 

Er beschäftigt mittlerweile eine Vielzahl von Angestellten, die einen recht zufriedenen Eindruck bei uns hinterlassen haben. Ich bezweifle stark, dass unter staatlicher Verwaltung irgendwas besser wird. Denn auch das hatten wir bereits... 

Voller Emotionen erzählt er von einem Referendum, mit dem sich Evo Morales seine Macht erhalten möchte, welches aber im ersten Anlauf gescheitert ist. Nach 2 Legislaturperioden muss laut Verfassung der Staatsführer wechseln. Ein durchaus guter Ansatz um Vetternwirtschaft verhindern zu können. Diese Verfassungsvorschrift möchte Evo zu seinen Gunsten ändern, obwohl er im Grunde bereits 3 Perioden an der Macht ist. 

Die Zeit nach dem Rücktritt des alten Präsidenten und der Wahl von Evo als neuen Präsident bis zu ersten ordentlichen Wahl, hat seine Partei "MAS" kurzerhand nicht als Legislaturperiode anerkannt, da sie ja nicht vollständig war. 
Nach dem gescheiterten Referendum sucht die MAS nun nach anderen Möglichkeiten, wie z.B. die Legislaturperiode zu verlängern oder gar ein neues Referendum, um als Präsident auf Lebenszeit gewählt werden zu können. 

Er befürchtet, dass sie einen Weg finden und damit das Land endgültig spalten.
Für den Rest der Welt stellt sich Evo Morales als rechtschaffener Staatsm
ann dar, spielt aber mit falschen Karten innerhalb des Landes.


Der Rückkehrer aus Amerika in Sorata: 

Als Sohn eines ebenfalls Deutsch - Bolivianers ist er in den U.S. aufgewachsen und hat sich bewusst dafür entschieden,  in Bolivien eine Existenz aufzubauen. Er hat den Vorteil, dass er auf Erfahrungswerte und Wissen zurückgreifen kann, welche ihm ermöglichten in La Paz ein modernes Hostel für backpacker zu errichten. 

Seinen Erfahrungen nach ist es eine harte Schule bis man in Bolivien etwas erreichen kann. Es erfordert ein hohes Durchhaltevermögen, um die vielen Rückschläge zu verkraften, sehr viel Energie und Zeit bis man die richtigen Leute an den richtigen Stellen kennt. Auch ist es hilfreich an geeigneten Stellen Zuwendungen und Gefälligkeiten zukommen zu lassen. 

Wenn man aber in Bolivien angekommen ist, dann ist viel mehr möglich als in den USA. In den meisten westlichen Länder sind Vorschriften einzuhalten und deren Einhaltung wird kontrolliert. In Bolivien können sich Vorschriften zu Empfehlungen entwickeln. 

Für ihn ist Evo Morales nichts weiter als ein Drug President. Er baut eine Straße entgegen dem Willen der Ureinwohner durch den Dschungel und durch deren Land, um vermutlich die Drogen schneller und einfacher transportieren zu können. Das war sein Wahlversprechen an die Coca Bauern. Auch gibt es Meinungen das Düngerfabriken nur gebaut werden, um Coca Felder zu düngen. 

An dieser Stelle erinnern wir uns an die Empfehlung der Touristeninformation in Samaipata, dass wir hier lieber nicht wandern sollten. Und an die Ratschläge der Einheimischen die Hauptverbindungsstraßen nicht zu verlassen... 

Evo lässt überall sinnlose Spielplätze und Fußballfelder bauen, um der Bevölkerung zu suggerieren, dass er sich um sie kümmert und Bolivien sich entwickelt. In der Tat haben wir überall auch in den kleinsten Dörfern Fußballfelder gesehen und uns gewundert was das soll. Wir haben nie jemanden spielen sehen und die Plätze waren fast immer verwahrlost. 

Noch denkt er an einen friedlichen Wandel ohne Evo Morales in Bolivien. Er ist zuversichtlich, dass die junge Generation westlicher und weltoffener geprägt einen demokratischen Wandel möchte und sich dafür einsetzt.
Bolivien hat schon viele Regierungen gesehen und überlebt.


Auch unsere Erfahrungen in Bolivien sind zwiefältig. 

Auf der einen Seite hatte wir unsere besten Erlebnisse und Abenteuer in Bolivien, aber auch die meisten negativen Erfahrungen. Korruption begleitete uns die ganze Zeit in Bolivien. 

  • An der "privaten" Straßensperre der Polizei, die uns nötigte für die Weiterfahrt zu bezahlen.
  • An den unzähligen weiteren Polizeikontrollen, die fast nur ausländische Nummernschilder kontrollierten. Fairerweise muss man erwähnen, dass nur 2 Kontrollstellen es versucht haben und alle anderen nett waren, aber das Ungute Gefühl ist bei jeder Kontrolle stets vorhanden.
  • Und an allen Tankstellen, an der wir den Tankwart nett gefragt haben, um den lokalen Preis zu bezahlen. Das Trinkgeld für den Tankwart wurde dann mit dem Armee Wachposten geteilt.

Preise für Treibstoffe sind in Bolivien staatlich festgelegt. Ausländer müssen in etwa den dreifachen Preis zahlen. Der lokale Preis wird durch Subventionen gestützt. Dies wird per Kamera und Identifikation des Fahrzeugs und zusätzlich durch Armee Personal an fast jeder Tankstelle überwacht. 

Der Gedanke dabei ist, dass Ausländer nicht auch subventioniert werden. Aber: Die gesamte Technik, zusätzliches Personal und die Kontrollstelle kosten vermutlich mehr als die Mehreinnahmen durch die Ausländer.

Ein perfektes System um Korruption zu fördern. Der Tankwart verdient gerne etwas mehr und die Gringos zahlen gerne etwas extra, um den Sprit günstiger zu bekommen. Auch so kann sich Korruption auf beiden Seiten verfestigen. Wir haben nie den Gringo Preis bezahlt und kennen auch niemanden...

Gelber Fettsack zieht an der Schnur um Autos zu stoppen
Korrupte Polizeistation


Vielfach wird hervorgehoben, dass seit der Präsidentschaft von Evo Morales die Armut sowie die Arbeitslosigkeit stark abgenommen hat. Statistische Zahlen sollen das anscheinend belegen. Auch wurden viele ländliche Regionen mit Strom und Wasser versorgt und das Straßennetz ausgebaut. 

All das sind wichtige Errungenschaften, die der Bevölkerung unmittelbar zu Gute kommen und notwendig für die Entwicklung des Landes sind. Auf der anderen Seite war die Verstaatlichung der Erdölgesellschaften eine der ersten "Reformen" die von Evo Morales angestoßen wurden. 

Wenn anstatt Steuern von privaten Unternehmen nun komplett alle Einnahmen in die Staatskasse fließen, dann sind in der Tat recht schnell finanzielle Mittel für Wahlversprechen vorhanden. Ich denke an dieser Stelle eher an widerrechtliche Enteignung. 

Die Grundstimmung und die Befürchtungen der Menschen mit denen wir gesprochen haben war, dass sich Bolivien unter Evo Morales hin zu einer sozialistischen Diktatur entwickelt und die freie Meinungsäußerung immer stärker unterdrückt wird. Unterstützt durch die Mehrzahl der eher einfachen und ärmeren Bevölkerung, die bereits mit einer kleineren Verbesserung der Lebensumstände für Evo stimmen.

Diese Anzeichen sind leider erkennbar. Evo Morales als Hoffnung der indigenen Bevölkerung scheint leider auch nur Klientelpolitik und Vetternwirtschaft zu betreiben. 

Als Abschluss als leichte Kost noch ein paar Bilder aus Sorata, wo die Idee zu diesem Betrag entstanden ist. Etwas nördlich von La Paz gelegen, bietet es einige Mehrtagestouren für Bergsteiger.

  • Sorata

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Caracas - Venezuela | Caracas - Venezuela, 02/12/2011. Presi… | Flickr

Caracas - Venezuela, 02/12/2011. Presidenta Dilma Rousseff durante encontro com o Presidente do Estado Plurinacional da Bolívia, Evo Morales. Foto: Roberto Stuckert Filho/PR

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